Deutschland – Niederlande 25.11. – 28.11.2018
Europaweit experimentieren Hochschulen mit dem Einsatz digitaler Lehr- und Lernformate und ihrer übergreifenden strategischen Positionierung im digitalen Zeitalter. Innerhalb des Europäischen Hochschulraums gibt es zahlreiche Initiativen, die wichtige Impulse für deutsche Hochschulen bieten können. Insbesondere die Niederlande nehmen seit vielen Jahren eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung von digitalen Lehr- und Lerninnovationen für Studium und Lehre ein. Zuletzt haben sich die Vertretungen der niederländischen Universitäten und Fachhochschulen gemeinsam mit SURF auf eine vierjährige Acceleration Agenda für Innovationen in der Hochschullehre geeinigt, unterstützt durch das niederländische Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft (vgl. https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/news/seien-sie-live-dabei-abschlusssession-der-deutsch-niederlaendischen-delegationsreise). Um nun Einblicke in die Entwicklung und Umsetzung von digitalen Lehr- und Lerninnovationen erhalten zu können, gab es für Expert_innen aus Deutschland vom 26.-30.11.2018 die Möglichkeit an einer Delegationsreise in die Niederlande teilnehmen zu könne. Diese wurde vom Hochschulforum Digitalisierung als Kooperationsprojekt mit der niederländischen Organisation SURF organisiert und vom BMBF finanziell unterstützt.
Die Reise ermöglichte den Teilnehmenden einen Einblick, wie sich niederländische Hochschulen strategisch positionieren, welche operativen (innovativen) Maßnahmen sie für verschiedene Themen- bzw. Leistungsbereiche vornehmen und mit welchen Impulsen von politischer Seite die Digitalisierung in den Hochschulen forciert wird. Dabei wurden auch kollegiale Formate des Kennenlernens und Austausches erprobt.
Montag, 26.11.2018
SURF
Am Montagvormittag wurden wir bei SURF in Utrecht zum Auftakt empfangen. Hier wurde ein themenbezogener Austausch initiiert, moderiert durch Kolleginnen und Kollegen von SURF.
Inhaltlich ging es zunächst einmal darum, SURF zu verstehen. Grundsätzlich wurde hierbei deutlich, dass sie sich in einem Zusammenspiel aus Services, Institutions und Knowledge Exchange befinden und dieses Zusammenspiel aktiv gestalten. Wesentliche Aspekte in diesem Kontext sind:
– Innovationen in Lehre und Lernen
– Forschungsbezogene Impulse und Ansätze von Open Science
– Das Zusammenspiel virtueller und physischer Lernorte
Besonders spannend fand ich, dass sie getragen werden von allen Hochschulen in den Niederlanden, mehr als 300 Mitarbeiter_innen haben und bereits seit 30 Jahren in diesem Feld aktiv sind.
Die sogenannten „building blocks for innovation“ sind:
- Das Community Building rund um die diversen Themen in der digitalen Hochschulbildung (OER, Fachdisziplinspezifische Anforderungen, u.a.)
- Experimente und Experimentierfelder, in denen sie sich kurzfristig mit kleineren Themen auseinandersetzen und prüfen, inwiefern diese grundsätzlich in das Angebot von SURF einfließen können / sollten
- Building & Shaping Knowledge: Hier geht es unmittelbar um den Wissenstransfer. Das heißt um Publikationen, Arbeitsgruppen und Vorträge
- Services
Diese, man könnte sie vielleicht auch Markenkern oder Säulen der Identität von SURF nennen, werden in verschiedenen Themenfeldern operativ und wesentlich handlungsorientierter umgesetzt. Zu diesen Themenfeldern zählen, bspw. Digital Assessement, Digital Learning Environment, Learning Analytics., OER sowie Online & Blended Education.
Wir haben zusätzlich zu den spannenden Inhalten auch einen spannenden Moment mit den Kolleg_innen teilen können. Für den Zeitraum 2019-2022 hat SURF einen Acceleration Plan entwickelt, der die folgenden Bereiche umfasst:
• Facilitating professional development for lecturers
• Better connection to the job market
• Making education more flexible
• A transition to digital (open) teaching aids and materials
• Secure and reliable use of learning data
• Evidence-based educational innovation with ICT
• Collaboration with EdTech
• Heading towards acceleration together
Im Anschluss an die Begrüßung und die Einführung in die Organisation, wurde die Möglichkeit gegeben, sich themenspezifisch in Kleingruppen u. a. zu den Themen Online & Blended Learning und Digital Learning Environments auszutauschen.
Eindrücke aus Utrecht und SURF
Es folgte der Hochschulbesuch am Montagnachmittag in der Wageningen University
Besonders inspirierend fand ich den Besuch an der Wageningen University aufgrund der offenen, innovativen, kollaborativen und kreativen Raumgestaltung. Hier wurden nicht nur die individuellen Bedürfnisse der Studierenden aufgegriffen, vielmehr wurde auch versucht, das Typische der Fachdisziplinen in der räumlichen Gestaltung aufzugreifen.
Hier ein paar Eindrücke:
Umweltwissenschaften und Biologie
Life Science und Architektur
Dienstag, 27.11.2018
Dienstagvormittag: Leiden University
Am Dienstagvormittag ging es dann zunächst an die Leiden University. Auf dem Weg dahin berichtet Frau Schulte to Bühne noch von ihrem Besuch im Ministerium bei den niederländischen Kolleg_innen. Angekommen an der Leiden University, erhielten wir einen Einblick in die digitale Hochschulbildung an der Leiden University.
Hier war besonders interessant, dass sie zwei Visionen miteinander verknüpfen. Zum einen den Aspekt der Ambidexterity und den Aspekt des Lernens an der Universität.
Im Zuge der Verknüpfung haben sie sog. Hubs und Centres aufgebaut:
• Centre for Innovation and Online Learning
• Centre for Education and Learning with Delft und Rotterdam
• Centre for Entrepreneurship and Innovation with other Leiden schools
• 7 faculty digital education teams
• 6 faculty studios and videos teams
• Begleitende Forschung: Teacher Training and research
Hervorzuheben ist hier die Nutzung und der Aufbau sowohl zentraler Strukturen, aber auch dezentraler fachdisziplinspezifischer Strukturen.
Nach dieser Einführung ging es dann am Nachmittag an die Utrecht University und zu dem gemeinsamen Gruppenfoto:
Dienstagnachmittag: Utrecht University
Der Dienstagnachmittag stand ganz unter dem Label „innovative Lernräume“. Zunächst wurde uns der Sticky Campus vorgestellt. Eine Art Roadshow, die das Zusammenspiel zwischen kollaborativer Software für distance –group-learning und für Präsenz-Gruppen-Lernphase erklärt.
„The focus of the roadshow is a mobile, student-centred digital classroom that you can try out at your institution over a four week period. You provide an empty space and we’ll create a fully-configured pop-up active learning classroom that will act as a focal point to bring all your stakeholders responsible for learning space developments together.“ (http://www.thestickycampus.com)
Grundsätzlich war die räumliche, offene Gestaltung der gesamten Universität beeindruckend.
Technisch fand ich die Möglichkeiten des Aufzeichnens von Mathematikvorlesungen, oder Veranstaltungen mit vielen Formeln beeindruckend. Das Bild zeigt eine von innen beleuchtete Glasscheibe, auf der die Dozent_innen ihre Gleichungen aufschreiben können, die dann wiederum im Videoschnitt so gedreht werden, dass die Studis der Entwicklung der Gleichungen gut folgen können. Auf einmal gab es mit der Einführung dieser Glasscheibe ganz viele Linkshänder_innen an der Utrecht University 😉
Mittwoch, 28.11.2018
Mittwochvormittag gab es bei SURF in Utrecht Arbeitsphasen im Sinne eines binationalen kollegialen Austausches mit den gematchten niederländischen VertreterInnen, die von verschiedenen Hochschulen der Niederlande angereist sind.
Meine Workshoppartnerin war, ähnlich wie ich, sehr an der Gestaltung innovativer Lernräume interessiert und hat mir eine Vielzahl verschiedener Artikel und Konferenzen genannt, die sich aus wissenschaftlicher Perspektive mit diesem Thema beschäftigen. So zum Beispiel auch bei SURF: https://www.surf.nl/en/innovationprojects/customised-education/flexible-and-personal-learning-environment.html
Alles in allem kann ich sagen, dass ich sehr beeindruckt war, aber auch positiv und optimistisch die Heimreise angetreten habe. Vielleicht sind die Niederlande schneller und an einzelnen Stellen schon weiter, aber, wir können in Deutschland zum Beispiel sehr stolz darauf sein, dass wir viel stärker auf Open Source Lösungen abzielen. Das allein ist schon ein Grund, warum wir in bestimmten Kontexten langsamer sind. Open Source Lösungen anzupassen und die Community für deren Weiterentwicklung aufzubauen, dauert einfach sehr viel länger. Auch haben wir nicht wirklich ein Infrastrukturproblem. Vielmehr braucht es die Vernetzung der engagierten Akteur_innen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema des Lehrens und Lernens in digitalen Zeiten beschäftigen. Und gerade für diese Vernetzung war ich sehr dankbar, Teil einer solch kreativen, kommunikativen und interessierten Gruppe zu sein. Danke auch an das Team vom HFD und von SURF für die großartige Organisation!