Am 23. und 24.07.2022 fand in Maynooth, Irland, die Wikimedia+Libraries International Convention 2022 statt. Qumisha Goss (Peer 2 Peer University (P2PU)) und Axel Dürkop (Hamburg Open Online University (HOOU) an der TU Hamburg) gaben dort einen Workshop, in dem beide von den Erfahrungen aus der Arbeit in Learning Circles berichteten (Goss et al., 2022). In der Diskussion mit den Teilgebenden wurde gemeinsam überlegt, wie sich das Konzept der Learning Circles nach dem Konzept der P2PU in Kombination mit der Wikipedia weiterentwickeln lässt.

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Qumisha Goss and Axel Dürkop presenting at Wikimedia+Libraries International Convention 2022 in Maynooth, Irland by KlaulOwn work, CC BY-SA 4.0, Link

Bibliothekar*innen aus aller Welt treffen sich

Teilgebende aus dreißig Ländern waren zu der Konferenz angereist, viele aus Ghana, Uganda, Südafrika, Botswana und Nigeria. Auch Mexiko, Kolumbien, Brasilien, Indien, Israel, Thailand und Rumänien waren vertreten, um über die Arbeit im “Wikiversum” zu diskutieren. Dieses setzt sich aus zahlreichen Projekten zusammen, die insgesamt einen kollaborativen Ansatz der Wissenssammlung und -organisation verfolgen und unter dem Dach der Wikimedia Foundation versammelt sind – das bekannteste davon sicherlich die Wikipedia.
Im Zusammenspiel mit der Open-GLAM-Bewegung (Galleries, Libraries, Archives & Museums), die sich der Bewahrung und Zugänglichmachung kulturellen Erbes verpflichtet sieht, spielen die verschiedenen browserbasierten Tools und Datenbanken des Wikiversums eine wichtige Rolle.

Durch die Fokussierung der Konferenz auf die Schnittmenge von Wikimedia-Bewegung und Bibliotheken waren die Themen und Beiträge entsprechend ausgerichtet. Besonders interessant war zu erfahren, welche Bedeutung Wikipedia in afrikanischen Ländern hat, um Wissen aufzuzeichnen, das bspw. in Nigeria in 522 Sprachen oft mündlich überliefert wird. Damit verbundene technische, epistemologische und gesellschaftspolitische Fragen werden von Bibliothekar*innen bzw. information workers aus der Haltung des critical librarianship verhandelt (dazu z. B. Drabinski, E., 2019) und in die Zusammenarbeit mit der Wikimedia Foundation eingebracht. Um die praktische Arbeit in den Tools des Wikiversums voranzubringen, finden weltweit Anwendungstrainings in unterschiedlichen Formaten statt, bspw. auch in Form von Edit-a-thons.

Claudia Serbanuta (Fundația Progress in Rumänien) brachte hierzu eigene Erfahrungen in die Diskussion ein, die sie mit einem Learning Circle in Kooperation mit dem Goethe-Institut in Bukarest sammeln konnte. Thema war das Erlernen der notwendigen Kompetenzen für das Editieren der Wikipedia.

Soziales Editieren und kollaborative Inhaltsentwicklung

In den Kontext der kollaborativen Inhaltsentwicklung ordnet sich auch der Konferenzbeitrag “Learning Circles as a Social Editing Method: Facilitating Collaborative Content Development in Community Spaces” von Qumisha Goss und Axel Dürkop ein, denn im Lernangebot “Roboter in meinem Leben – und jetzt?”, das von verschiedenen Kooperationspartnern (Agentur J&K – Jöran und Konsorten, Bücherhallen Hamburg und HOOU an der TU Hamburg) im April 2021 online durchgeführt wurde, konnten Erfahrungen auf verschiedenen Ebenen gesammelt werden (Dürkop, 2021a; Dürkop et al., 2021b). Da zu den Themen Künstliche Intelligenz (KI) und Robotik keine adäquaten deutschsprachigen Texte verfügbar waren, entwickelten die Teilnehmenden der sechswöchigen Veranstaltung die Inhalte gemeinsam und sicherten sie kontinuierlich in HedgeDoc. Das Browsertool erlaubt ähnlich einem Etherpad die kollaborative Arbeit an multimedialen Inhalten und die anschließende Ergebnissicherung in verschiedenen offenen Formaten (Bauer et al., 2021; Dürkop, 2022).

Wertvoll in der Diskussion waren die Anmerkungen zur Autorenschaft in der kolloborativen Inhaltsentwicklung: Während Autor*innen in der Wikipedia detailliert und nachvollziehbar ausgewiesen werden, erlaubt HedgeDoc auch die anonyme Mitarbeit an Dokumenten und fordert damit andere Aushandlungsprozesse ein, wenn es um die Nachvollziehbarkeit, Verantwortlichkeit und Wertschätzung von Beiträgen geht. Bei einer möglichen Nutzung von HedgeDoc im Zusammenspiel mit Wikipedia sollte dieser Aspekt berücksichtigt werden.

Ausblick

Da der Ansatz des gemeinsamen Lernens und der Entwicklung von Inhalten ein zentrales Merkmal der Arbeit an der Wikipedia ist, fokussierte die Diskussion innerhalb des Workshops auf die Möglichkeiten, in Zukunft verschiedene Herangehensweisen und Prozesse zu verbinden und weiterzuentwickeln. Auch die Rolle und Bedeutung von Bibliotheken und Bibliothekar*innen in diesem Kontext wurde thematisiert und herausgehoben.

Aus der Präsentation in Irland haben sich weitere Ideen der Zusammenarbeit von HOOU und P2PU ergeben. Es besteht ein gemeinsames Interesse an den Potenzialen, Lernprozesse in und mit der Wikipedia abzubilden und dafür Learning Circles als strukturiendes Veranstaltungsformat weiter auszubauen und zu untersuchen.

Referenzen

  • Bauer, S., Dürkop, A., Fahrenkrog, G., Köhncke, M., Kranz, S., & Politt, S. (2021). Mitgedacht: Roboter in meinem Leben – und jetzt? : Dokumentation eines Learning Circles zu Robotik und KI. https://doi.org/10.15480/882.3643
  • Drabinski, E. (2019). What is critical about critical librarianship? Art Libraries Journal, 44(2), 49-57. https://doi.org/10.1017/alj.2019.3
  • Dürkop, A. (2022). Collaborative Content Creation with Hedgedoc [Vorproduzierter Videobeitrag]. #OER22, London. (YouTube-Video)
  • Dürkop, A. (2021a), Lernen im Kreise der Community. Weiterbildung. Zeitschrift für Grundlagen, Praxis und Trends, (5), 18-20 (PDF)
  • Dürkop, A., Fahrenkrog, G., Politt, S., & Zwick, J. (2021b). Mitgedacht: Roboter in meinem Leben – und jetzt? – Erfahrungsbericht zum ersten Learning Circle in Hamburg. hoou.de. (Blogbeitrag)
  • Goss, Q., Dürkop, A., & Brambila, L. (2022). Learning Circles as a Social Editing Method: Facilitating Collaborative Content Development in Community Spaces [Interaktiver Workshop]. (Wikiseite)

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